Sarah Baukelmann*
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I. Einleitung
Job. Karriere. Ars boni. – so lautet das Motto, das die Ars boni Mitarbeiter auf ihren Stickern verteilen.
Ars boni – Hungary in spotlight 1 ist eine kostenlose Nachrichtenwebsite, die eine Plattform für die Publikation englischsprachiger Artikel bietet, welche sich in dem Themenfeld rund um die Analyse von rechtlichen Problemen in Ungarn bewegen. Das ungarische Pendant 2 bietet den ungarischen Leserinnen und Lesern natürlich eine größere Anzahl an Artikeln zu rechtlichen Problemen weitreichender Art.
II. Selbstverständnis
Sie wollten keine Debatte anregen, meinte einer der zwei Gründer der ungarischen Nachrichtenwebsite. „Die Einwohner dieses Landes verdienen es, dass Ihnen die Politik aus einer rechtlichen Perspektive erläutert wird.“ Weiter erklärt er, dass die kommunistische Vergangenheit die Ungarn noch heute beeinflusse und die wirklichen Geschehnisse von dem Populismus der Machtinhaber verschleiert würden.
Die Nachrichtenwebsite, bei der insgesamt 25 Mitarbeiter beschäftigt sind, hat es sich zur Aufgabe gemacht, nationale und kommunale Politik, sowie parlamentarische Veränderungen aus rechtlicher Sicht zu betrachten und zu analysieren. Dabei nehmen sie keine politische Haltung an, sind offiziell weder pro noch contra Regierung, sondern sehen es lediglich als ihre Pflicht an, die Geschehnisse kritisch zu betrachten und können dies durch ihren unabhängigen Status als NGO auch öffentlich kundgeben. Ars boni bezeichnet sich als „grundsätzlich neutral, mit kritischen Hintergedanken“. Die seit fünf Jahren stetig wachsende Gemeinschaft der Mitglieder sieht sich den Grundwerten der Demokratie und des Rechtsstaates gegenüber verpflichtet das „Schicksal von Ungarn zu ändern.“ 3
III. Werdegang
Tatsächlich ist ihnen das seit ihrer Gründung im Jahre 2012 erfolgreich gelungen. Ein Gespräch mit einem der zwei Gründer der ungarischen Plattform „Ars boni – Hungary in Spotlight“ Márton Németh, gibt Antworten darauf, was vor fünf Jahren passiert ist und wie sich aus einer Studentenorganisation ein einflussreiches Blatt gründen konnte.
1. Situation in Ungarn
Dazu muss man wissen, dass Studentenorganisationen in Ungarn eine wichtige Rolle spielen. Im Gegensatz zu dem deutschen Modell, besitzen sie nicht nur Geld, sondern auch eine Menge Einfluss, da die ungarischen Universitäten „von den Studenten regiert werden“. Jede Uni besitzt ihren eigenen studentischen Rat, der von einem studentischen Präsidenten vertreten wird. Den Vertretern steht nicht weniger als 30% im Universitätsrat an Entscheidungsmacht zur Verfügung. Genug, laut Németh, um das System zu verändern. Er kritisiert, dass die hiesigen Mitglieder der Studentenvertretung nicht versuchen, das korrupte und intransparente System der Geldverteilung an ungarischen Universitäten aufzudecken oder zu thematisieren. So sei es nicht verwunderlich, dass sich jüngst ein Schatten über die „studentische Demokratie“ geworfen hat. Der Skandal, von dem der Anfang zwanzigjährige Márton spricht, ist die Hinterziehung von Geldern, die den Studenten zustanden und an die Freunde der machthabenden Studentenvertreter weitergeflossen ist. Auf Grundlage dessen fordert die NGO Átlátzo Oktatás 4 (wörtlich übersetzt: transparente Bildung), dass gegen die Verantwortlichen eine Klage angestrebt werde und die Geldverteilung öffentlich gemacht werden soll. Dies stellt ein sehr ehrgeiziges Unterfangen dar, da das Kernproblem der Korruption und Geldverteilung in der Politik liegt. Ars boni arbeitet mit Átlátzo Oktatás zusammen, um Projekte und workshops umzusetzen.
2. Situation von Ars boni
Im schwachen NGO Sektor von Ungarn, die von der Regierung verboten werden sollen, behauptet sich Ars boni mit einer unabhängigen Stellung, die sie sich aufgrund von ihrer finanziellen Selbstständigkeit leisten können. Die Angst und die prekäre Lage der Medienbranche ergeben sich aus der finanziellen Abhängigkeit zum Staat und zur Regierung. Daher sei es für Ars boni wichtig gewesen, nicht in diese Abhängigkeit zu rutschen, erklärt Márton Német. Daher haben sie sich zwei Standbeine erschaffen: zum einen, die NGO Aktivitäten, die sich auf Projekte und Workshops konzentrieren, mit denen sie gerade junge Studenten der Rechtswissenschaft anzuwerben versuchen, und zum anderen haben sie ein wirtschaftliches Standbein, indem sie Firmen rechtlich beraten und z.B. in den Personalabteilungen eine beratende Stellung einnehmen. Ars boni finanziert sich ausschließlich durch Sponsoren, die sich aus den Kontakten über die Jahre ergeben haben. Um Transparenz zu bewahren, geben sie auf ihrer Internetseite auch ihre Partner und Sponsoren an. Auch nutzen sie die geknüpften Kontakte für ihr neustes Projekt: eine networking Plattform, auf der sie den Kontakt zwischen jungen Anwälten und Absolventen zu Kanzleien oder Firmen herstellen. Weitere Projekte in der Vergangenheit waren Artikel- und Schreib Wettbewerbe, die „Law and Innovation“ Konferenz, bei denen sie Workshops und auch wieder eine Möglichkeit zur Kontaktaufnahme und Networking angeboten haben.
IV. Einfluss
Ars boni breitet sich aus und ist stolz auf den Einfluss, den sie in der ungarischen Politik haben. Die Legislative nimmt nicht nur Notiz von dem juristischen Journal, sondern nimmt sich dessen –berechtigte- Kritik auch zu Herzen. So ist der größte Erfolg, den die rechtswissenschaftliche Zeitung zu vermerken hat, die Abänderung einer gesetzlichen Regelung, auf den die Publizisten in einem ihrer Artikel am Anfang ihrer Karriere verwiesen haben. Und so kommt es vor, dass in dem Blatt nicht nur die Möglichkeit bildet für die jüngste Generation von Juristen, die sie als „agenda-setters“ der Zukunft deklariert, sondern einen wissenschaftlichen Diskurs anregt, in dem junge RechtswissenschaftlerInnen die Gelegenheit bekommen, ihre professionellen Ansichten zu formen und auch zu debattieren. Sie haben ihre Miteinbeziehung der Studenten ausgebaut, in dem sie jedes Semester acht Praktikumsplätze für Studenten anbieten, um ihnen einen Einblick in die komplexe Arbeitswelt in der Schnittstelle zwischen Journalismus und wissenschaftlicher Recherche geben zu können. So können die Studenten Teil haben und für ein paar Monate in der Organisation mitarbeiten.
V. Erfolge
Ars bonis jüngstes Projekt ist die Herausgabe eines Buches mit dem Titel „Placing the Fundamental Law on the Scales“ (Originaltitel: Mérlegen az Alaptörvény), das Benedek Molnár, Péter Tóth zusammen mit Márton Német im Dezember 2013 publiziert haben. Der angehende Doktorand des öffentlichen Rechts, Márton Német, erklärt, dass ihr Buch mit der Zusammenarbeit mit acht Verfassungsrechtlern entstanden ist. So finden sich keine geringeren Stellungnahmen als die des ehemaligen Präsidenten von Ungarn, Sólyom László des ehemaligen Verfassungsrichters Kukorelli István, Tordai Csaba ehemaliger Staatssekretär des Rechts und der Koordination und Trócsányi László, der auch ein ehemaliger Richter des Verfassungsgerichts ist und derzeit Botschafter in Paris, zu der aktuellen Situation und Einschätzung der jungen Verfassung von Ungarn (2012). Das Buch ist auf Ungarisch erhältlich.
VI. Leitbild
Ars boni umfasst und gehört zu einer kleinen Bewegung innerhalb Ungarns, die sich vermehrt in Budapest und an den Universitäten finden lässt, die Aufklärung und Transparenz innerhalb der Politik fordern. Sie glauben an den Individualismus und an die Werte und Rechte ihrer Verfassung. Ihren Teil zu dem Prozess, den das Land und seine Bewohner teilweise noch durchlaufen müssen, tragen sie bei, indem sie im Internet kostenlos Artikel auf Englisch und Ungarisch anbieten, in denen sie sich mit in- und ausländischen rechtlichen Entwicklungen kritisch auseinander setzen und ein vertrauenswürdiges sowie aktuelles News Portal in der ungarischen Gesellschaft darstellen.
Freilaw freut sich auf eine Zusammenarbeit mit „Ars boni – Hungary in Spotlight“ und dankt Márton Német, der 2015 an der ELTE Universität in Budapest sein Examen abgelegt hat und nun dort an seiner Doktorarbeit arbeitet, für das informative Gespräch. Das Interview fand im August 2017 in Budapest statt.
* Die Autorin ist Studentin der Rechtswissenschaften an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im fünften Semester und hat im Rahmen des Erasmus+ Programms zwei Semester an der Eötvös Loránd Universität in Budapest studiert